Die Europäische Kommission hat ihren Vorschlag für eine Richtlinie zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten für Nachhaltigkeit veröffentlicht – die „EU Directive on Corporate Sustainability Due Diligence“. Was sind die wichtigsten Neuerungen? Muss beim deutschen Lieferkettengesetz nachgeschärft werden? Und wie fügt sich der Richtlinienvorschlag in die weiteren Regulierungen ein? Wir haben in den 70 Seiten starken Vorschlag geschaut und liefern mit diesem Artikel kompakt und übersichtlich Antworten auf diese Fragen.
Keine Lust zu lesen? Dann schauen Sie sich unser Video zur EU-Lieferketten-Richtlinie an. Es ist mit übersichtlichen Folien unterlegt und beinhaltet zusätzliche Infos.
Geplante EU-Richtlinie geht über deutsches Lieferkettengesetz hinaus
Im Richtlinienentwurf stellt die EU-Kommission zahlreiche Bezüge zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und zur Taxonomie her. Die wesentlichen Änderungen beziehen sich auf die Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette und die Fokussierung auf die Themen Menschenrechte, Umwelt und Klima – diese sollen in der Unternehmenstätigkeit und -führung noch stärker berücksichtigt werden. Dabei treten auch potenzielle Risiken in den Vordergrund.
Klar ist: Kommt die Richtlinie mit den vorgeschlagenen Inhalten, wird das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) nachgebessert werden müssen. Denn die EU-Lieferkettenrichtlinie ist in vielen Bereichen anspruchsvoller.
Umfangreichere Due-Diligence-Prüfungen
Wie zu erwarten, hat sich der OECD Due-Diligence-Prozess auch in der EU-Direktive durchgesetzt: Dieser umfasst die Verankerung der Sorgfaltspflicht in Prozesse und Richtlinien, regelmäßige Analysen von potenziellen und tatsächlichen Risiken, den Einsatz von Präventions- und Abhilfemaßnahmen, das Überwachen von Maßnahmen, die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens sowie die Zusammenfassung der Erkenntnisse und Wirkungen im Rahmen der Berichterstattung.
Dabei geht es nicht länger mehr nur um die Geschäftstätigkeit des Unternehmens und dessen Tochterunternehmen, sondern um die gesamte Wertschöpfungskette.
Für welche Unternehmen gilt die EU-Direktive?
Beim Geltungsbereich geht die Richtlinie über das das deutsche Lieferkettengesetz (LkSG) hinaus. Laut Vorschlag sind große, haftungsbeschränkte Unternehmen betroffen:
- Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden und mind. 150 Mio. € Umsatz
- Unternehmen aus definierten Risikobranchen mit mehr als 250 Mitarbeitenden und mind. 40 Mio. € Umsatz
- EU-ansässige ausländische Unternehmen mit über 150 Mio. € Umsatz
Zu den definierten Risikobranchen gehören u. a. die Textilbranche, die Landwirtschaft oder der Bergbau.
20 Risikothemen im Fokus
Die Risikothemen oder „adverse impacts“ wie sie in der Directive genannt werden, überschneiden sich mit Themen aus der CSRD und der Taxonomie. In 20 Artikeln werden sie im Anhang dezidiert aufgeführt. Die EU-Kommission erwartet, dass alle Themen berücksichtigt werden. Sektorspezifische Risiken sind noch nicht enthalten, jedoch ist zu erwarten, dass in den kommenden Jahren eine Ausdifferenzierung stattfinden wird – wie bereits bei der OECD.
Zivilrechtliche Haftung: Schadensersatz für Betroffene
Während eine solche zivilrechtliche Haftung nach dem LkSG ausdrücklich nicht besteht, ist sie nach der EU-Direktive vorgeschrieben. Damit ebnet die EU-Kommission den Weg für direkte Ansprüche von Betroffenen gegen die sorgfaltspflichtigen Unternehmen auf Schadensersatz wegen Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden in der Wertschöpfungskette. Sollte sie in der Endfassung enthalten sein, müssen Unternehmen mit zunehmenden Klagen rechnen.
Wie geht es weiter?
Die EU-Direktive ist ein Richtlinien-Vorschlag, der zunächst im Europäischen Parlament und im Rat erörtert wird. Im Fall seiner Annahme sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Richtlinie innerhalb von zwei Jahren nach ihrem Inkrafttreten in nationales Recht umzusetzen (spätestens 2024).
Umsetzung durch Unternehmen:
- Große Unternehmen: 2 Jahre nach Inkrafttreten der Regelung (2026)
- Mittelgroße Unternehmen: 4 Jahre nach Inkrafttreten (2028)
Wir empfehlen Unternehmen, schon jetzt tätig zu werden, um ihre gesamte Wertschöpfungskette adäquat abbilden zu können, die Integration der Prozesse und das Daten- und Informationsmanagement voranzutreiben. Zudem ist zu überlegen, welche Aufgaben auf Branchenebene effektiver zu leisten sind und wo eine Zusammenarbeit – vielleicht auch über Branchengrenzen hinweg – denkbar sind.
Ist Ihr Unternehmen ready für die neuen Sorgfaltspflichten?
Das können Sie ganz einfach mit unserem ganzheitlichen Readiness-Check prüfen: Darin betrachten wir CSRD, Taxonomie, Sorgfaltspflichtengesetz sowie EU-Direktive und Klimaschutz Scope 1-3 zusammen. Dieses Vorgehen hilft, Synergien zu nutzen und die Komplexität aufzubrechen und händelbar zu machen.
Darüber hinaus haben wir in den vergangenen Jahren für unsere Kund*innen unter anderem
- Risikoanalysen nach OECD-Anforderungen durchgeführt
- Workshops mit Lieferant*innen gehalten, um die Datentransparenz zu erhöhen
- Capacity Building in Produktionsländern wie Bangladesch gemacht
- Lieferantenhandbücher konzipiert und umgesetzt
Zudem arbeiten wir in bestimmten Themenbereichen mit Partnern wie Rohstoff- oder Kreislaufexpert*innen und Zertifizierern zusammen.
Wenn Sie Fragen haben oder Unterstützung benötigen, melden Sie sich gerne!