Klimaschutz

Klimagipfel kompakt: Unser COP27-Tagebuch

24. November 2022 Von Céline Klein
Klimaschutz

Nach knapp zwei Wochen wurde die UN-Klimakonferenz 2022 am vergangenen Wochenende beendet. Das Ziel der COP27 in Sharm el-Sheikh war es, konkrete Wege aufzuzeigen, um bisherige Versprechungen in die Tat umzusetzen. Ob das gelungen ist? Machen Sie sich ein Bild, denn auch in diesem Jahr haben wir die wichtigsten Diskussionspunkte und Ereignisse der jeweiligen Konferenztage gebündelt.

Sonntag, 6.11.: Start des Klimagipfels

  • Die diesjährige UN-Klimakonferenz startet vor dem Hintergrund mehrerer globaler Krisen – etwa der Energiekrise, dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und einer Zunahme von Extremwetterereignissen sowie dem sich zuspitzenden Taiwan-Konflikt.
  • Von Anfang an überschattet die Gefahr des sogenannten Backsliding die Konferenz. Darunter versteht man das Kippen von Zusagen und Versprechen – so sehen Beobachtende das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens oder das Auslaufen der Förderung fossiler Energieträger in Gefahr.
  • Nach dem Pariser Abkommen von 2015 sollte jedes Land die individuellen Klimaschutzzusagen, die Nationally Determined Contributions (NDCs), regelmäßig erneuern. Vor der COP27 haben jedoch erst 24 Staaten – von seinerzeit knapp 200 Unterzeichnern – neue Zusagen eingereicht.

Montag, 7.11. und Dienstag, 8.11.: Neue Ankündigungen und Forderungen

  • Nach seiner Ankunft kündigt der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz an, 170 Mio. € für einen Schutzschirm gegen die Folgen des Klimawandels bereitzustellen sowie die Mittel für den Schutz der Wälder zu verdoppeln – auf 2 Mrd. €.
  • Außerdem wirbt Scholz für einen Klimaclub: Dieser soll über ein globales Handelsabkommen verhindern, dass Unternehmen und ganze Industrien abwandern, wenn ein Land seine Klimastandards erhöht. Australien, Norwegen, und die Vereinigten Arabischen Emirate bekunden ihr Interesse an einer Teilnahme – gegründet werden soll der Club Ende dieses Jahres.
  • UN-Generalsekretär António Guterres fordert den Ausbau von Warnsystemen für Extremwetterereignisse, die jeden Menschen erreichen sollen. Er plädiert dafür, bis 2027 umgerechnet 3,1 Mrd. € zu investieren. Darüber hinaus kritisiert Guterres Öl- und Kohlekonzerne, die Klimaziele setzten, ohne in ihren Klimabilanzen alle direkten und indirekten Emissionen zu berücksichtigen. Daraufhin legt ein Rat an Expert*innen Empfehlungen vor, die insbesondere große Unternehmen weltweit zu jährlicher, detaillierter und standardisierter CO2-Berichterstattung verpflichten.

Mittwoch, 9.11.: Themen-Tag Finance

  • Am ersten Themen-Tag wird unter anderem deutlich, dass die Industrieländer ihre Zusage, den Entwicklungsländern jährlich 100 Mrd. US-Dollar für Klimafolgen und -anpassung zur Verfügung zu stellen, noch nicht erfüllt haben. Die Lücke ist groß: 2020 kamen nur 83,3 Mrd. US-Dollar zusammen, während laut der UN ab 2030 bis zu 300 Mrd. US-Dollar jährlich benötigt würden. Eine Einigung für ein neues Finanzierungsziel ab 2025 werde jedoch erst für die kommende COP28 erwartet.
  • Der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore stellt Erkenntnisse der Non-Profit-Initiative „Trace“ vor, die Emissionsdaten unabhängig durch direkte Beobachtung mithilfe künstlicher Intelligenz erfasst. Laut „Trace“ wird bei der Förderung und Produktion von Öl und Gas das Dreifache an klimaschädlichen Gasen freigesetzt als die Mitgliedsstaaten bisher offiziell an die UN berichten.
  • Die USA kündigen die Unterstützung großer Unternehmen an. Sie wollen es ihnen ermöglichen, durch Kompensation – indem sie den Ausbau erneuerbarer Energien in Entwicklungsländern finanzieren – ihren CO2-Ausstoß auf dem Papier zu verringern.

Donnerstag, 10.11.: Themen-Tag Science und Youth & Future Generations

  • Am Wissenschaftstag wird eine Analyse des „Climate Action Tracker“ präsentiert. Dessen Ergebnissen zufolge fällt der aktuelle Ausbau von Flüssiggas-Infrastruktur – als Antwort auf die Energiekrise und den Angriffskrieg auf die Ukraine – deutlich zu groß aus. Die Forschenden rechnen mit einer Überversorgung von 500 Megatonnen im Jahr 2030.
  • Darüber hinaus präsentieren Forschende eine Schätzung zu den Auswirkungen der Erderwärmung auf die Weltbevölkerung. Sie gehen davon aus, dass in 25 Jahren doppelt so viele Menschen wie heute in Regionen leben werden, die als besonders anfällige Hotspots für Klimafolgen gelten.
  • Die Partner von „Race To Resilience“ verpflichten sich, die Widerstandsfähigkeit von 2,9 Milliarden Menschen, 264 Regionen und 559 Städten weltweit durch resilienzfördernde Maßnahmen bis zum Jahr 2030 zu verbessern. Die Zahl der Unterzeichner des „Cities Race to Resilience“ hat sich seit 2021 mehr als verdoppelt, sie verschreiben sich damit klaren, evidenzbasierten Maßnahmen zur Beschleunigung von Anpassung und Resilienz.

Freitag, 11.11.: Themen-Tag Decarbonization

  • Eine Koalition von 45 Staats- und Regierungschefs ruft die „Breakthrough Agenda“ ins Leben. Die Agenda beinhaltet ein Paket von 25 neuen gemeinsamen Maßnahmen, um die Dekarbonisierung in fünf wichtigen Bereichen zu beschleunigen: Energie, Straßenverkehr, Stahl, Wasserstoff und Landwirtschaft. Die Maßnahmen sollen bis zur COP28 umgesetzt werden.
  • Die USA, die Europäische Union, Japan und Kanada sowie weitere Partner geben ihre Selbstverpflichtung bekannt, den Ausstoß von Treibhausgasen bei der Öl- und Gasförderung „dramatisch“ reduzieren zu wollen. Hier im Hauptfokus: die Reduktion des Abfackelns von Gas und von Lecks in Förder- und Produktionsanlagen.
  • US-Präsident Biden verspricht in seiner Rede, dass die USA ihr Emissionsziel für 2030 erreichen werden – und somit eine Reduktion von mind. 50 % (im Vergleich zu 2005). Aktuell sind die USA zweitgrößter Emittent von Treibhausgasen, größter Ölproduzent und -verbraucher und haben einen der höchsten Pro-Kopf-Ausstöße von CO2. Zusätzlich kündigt Biden an, gemeinsam mit der EU, 500 Mio. US-Dollar für die Energiewende in Ägypten bereitstellen zu wollen.
  • Fridays for Future Aktivist*innen üben Kritik an den limitierten Möglichkeiten zum Protest auf dem Gelände der COP27. Aufgrund der generell stark eingeschränkten Rede- und Versammlungsfreiheit in Ägypten sind Demonstrationen nur in einer speziell ausgewiesenen und von der UN kontrollierten Zone auf dem COP27-Gelände erlaubt. Weitere Restriktionen: Keine Nennung von Firmen, Personen oder Ländern durch die Demonstrierenden und das Verbot eines Demonstrationszuges durch Sharm el-Sheikh. Darüber hinaus werden die Teilnehmenden während der Demos von Sicherheitsleuten gefilmt.
  • Das neue Industry Transition Programme des „Climate Investment Funds“ (CIF), wird vorgestellt: Das Programm soll die Umstellung auf eine nachhaltigere und klimafreundliche Industrie in Entwicklungsländern finanzieren. Es beinhaltet u. a. eine Investition in grünen Wasserstoff in Höhe von 410 Mio. US-Dollar in Ägypten und ein Projekt der Weltbank zur Entwicklung eines globalen Programms für grünen Wasserstoff im Wert von 1,6 Mrd. US-Dollar.
  • Gründung der „Asia Clean Energy Coalition“ (ACEC). Mitglied der ACEC sind führende private Akteure, die sich im Bereich der erneuerbaren Energien engagieren – u. a. Google, Meta, Samsung, Orsted, Iberdrola. Die ACEC soll in Asien die entscheidenden politischen Veränderungen herbeiführen, die Unternehmen Beschaffungsoptionen für erneuerbare Energien ermöglichen.
  • Zusätzlich wird das „First Movers Coalition Cement & Concrete Commitment“ angekündigt und die „Africa Net Zero Concrete Group“ gegründet. Beide wollen die Dekarbonisierung des Zementsektors in Afrika beschleunigen.

Samstag, 12.11.: Themen-Tag Adaption und Agriculture

  • Der von Ägypten und dem Vereinigten Königreich geleitete „Agriculture Breakthrough“ wächst: 13 Länder haben sich angeschlossen, um gemeinsam an einer klimaresistenten, nachhaltigen Landwirtschaft zu arbeiten. Bis 2030 soll sie für Landwirte überall auf der Welt die attraktivste und am weitesten verbreitete Option sein.
  • Die „Agriculture Innovation Mission for Climate“ (AIM for Climate) gibt bekannt, dass eine Investitionssteigerung von mehr als 8 Mrd. US-Dollar stattgefunden habe – auf der COP26 waren es nur 4 Mrd. US-Dollar. Die globale Initiative der Vereinigten Arabischen Emirate und der Vereinigten Staaten wird dabei von über 275 staatlichen und nichtstaatlichen Partnern unterstützt.
  • „Loss and Damage“ bzw. „Schäden und Verluste“ sind weiterhin das größte Thema der Konferenz – und damit auch die Folgen des Klimawandels, an die sich die betroffenen Menschen nicht anpassen können.
  • Greenpeace wirft einigen Industrienationen wie den USA, Großbritannien und Australien vor, die Einigung zur Finanzierung der klimabedingten Schäden im Rahmen der Verhandlungen zu blockieren.
  • Die deutsche Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze fordert, dass sich mehr Industriestaaten dem von Bundeskanzler Scholz vorgestellten „Globalen Schutzschirm gegen Klimarisiken“ anschließen sollen.
  • Es kommt auf dem COP-Gelände in Ägypten zu den bisher größten Protestaktionen. Die Teilnehmenden fordern, mit fossilen Energieträgern und der Erschließung neuer Gasquellen in Afrika Schluss zu machen. Außerdem weisen sie auf die Dringlichkeit von Ausgleichszahlungen an den globalen Süden für die Klimafolgen hin.

Montag, 14.11.: Themen-Tag Gender und Water

  • Die zweite Woche des COP27 startet mit Kritik am bisherigen Fortschritt der Verhandlungen. Der Präsident der Konferenz Samih Shukri appelliert an die Teilnehmenden, einen Gang hochzuschalten.
  • Die COP27-Präsidentschaft startet die Initiative „Action on Water Adaptation and Resilience“ (AWARe). Ziel von AWARe ist unter anderem, die Wasserverluste zu verringern und die Wasserversorgung weltweit zu verbessern. Hintergrund sind die verheerende Dürre in Somalia und die katastrophalen Überschwemmungen in Pakistan.
  • Außerdem wird das neue Klimaschutz-Ranking für 2023 veröffentlicht: Auch in diesem Jahr bleiben die ersten drei Plätze frei und Dänemark erhält erneut die meisten Punkte. In der Wertung nach oben geklettert sind unter anderen Chile, Indien, Estland, Spanien und die USA – Punkte verloren haben Norwegen, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und China. Der Index wird von Germanwatch, dem Climate Action Network und dem NewClimate Institute veröffentlicht, zusätzlich gibt es auch eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.
  • Die Weltwetterorganisation (WMO) berichtet auf der Konferenz von einer Zunahme der wirtschaftlichen Schäden durch Erdrutsche um 147 %, durch Dürren um 63 % und durch Überschwemmungen um 23 % – im Vergleich zum Durchschnitt der wirtschaftlichen Schäden zwischen 2001 und 2020.
  • Der von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigte „Globale Schutzschirm gegen Klimarisiken“ erhält Unterstützung von den G7-Staaten, erntet jedoch Kritik von Umweltschutzorganisationen, da der Fokus lediglich auf der Finanzierung von Versicherungen liege.
  • Zusätzlich zur Forderung nach dem Ausgleich von „Loss and Damage“ fordert u. a. das UN-Nothilfebüro OCHA reiche Staaten dazu auf, globale Investitionen in Klimaanpassungsmaßnahmen zu unterstützen.
  • Zehn führende Schifffahrtsorganisationen und Hersteller von grünem Wasserstoff verpflichten sich, bis 2030 mindestens 5 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff zu produzieren – und einzusetzen. Damit sollen die 5% emissionsfreie Schiffskraftstoffe geliefert werden, die erforderlich seien, um den weltweiten Seeverkehrssektor auf einen Dekarbonisierungspfad zu bringen.

Dienstag, 15.11.: Themen-Tag Energy und Youth & Future Generations

  • EU-Klimakommissar Frans Timmermans kündigt an, die EU wolle das bei der UN hinterlegte Ziel, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 zu reduzieren, um zwei Prozentpunkte auf 57 % erhöhen.
  • Omar Elmawi, Koordinator von „StopEACOP“ weist darauf hin, dass Afrika durch fossile Brennstoffe als Hauptursache für die Klimakrise am stärksten negativ beeinflusst werde. EACOP („East African Crude Oil Pipeline“) steht für eine geplante Erdölpipeline von Uganda nach Tansania. Weitere Umweltorganisationen werfen Staaten, Finanzinstituten und Unternehmen vor, fossile Energieprojekte in afrikanischen und weiteren Entwicklungsländern mitzufinanzieren und voranzutreiben. Derzeit suchten und erschlössen 200 Firmen in 48 afrikanischen Ländern neue fossile Brennstoffe oder investierten in Infrastruktur wie EACOP.
  • Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze und der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Stefan Wenzel kündigen staatliche Investitionen in Höhe von 550 Mio. € für den Aufbau der internationalen Wasserstoff-Wirtschaft an. Schulze stuft grünen Wasserstoff als Schlüsseltechnologie für den Ausstieg aus fossilen Energieträgern ein. Beabsichtigt sei, mit den staatlichen Geldern zusätzliche private Investitionen zu mobilisieren.
  • Die ägyptische Präsidentschaft stellt die „Africa Just and Affordable Energy Transition Initiative“ (AJAETI) vor. AJAETI hat sich bis 2027 drei Hauptziele gesteckt: Technische und politische Unterstützung, um mindestens 300 Millionen Menschen in Afrika erschwingliche Energie zur Verfügung zu stellen, Zugang zu sauberen Brennstoffen und Technologien zum Kochen sowie 25 % Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien.
  • Der erste Entwurf für eine Abschlusserklärung stößt bei Greenpeace auf Kritik. Der Leiter des Teams vor Ort unterstreicht, dass der Ausstieg aus fossilen Energieträgern darin nicht erwähnt werde. Außerdem werde das Thema „Loss and Damage“ zwar erwähnt, jedoch weniger konkret als gefordert.

Mittwoch, 16.11.: Themen-Tag Biodiversity

  • Vier der wichtigsten Initiator*innen des Pariser Abkommens, darunter die ehemalige Generalsekretärin des UN-Klimasekretariats Christiana Figueres, erklären, dass Klimaschutz- und Naturschutzziele eng miteinander verwoben seien. Biodiversität und Dekarbonisierung trügen beide dazu bei, das Pariser Abkommen umzusetzen.
  • Der designierte brasilianische Präsident Lula da Silva betont, dass Brasilien die illegale Abholzung im Amazonasgebiet mit aller Kraft bekämpfen werde. Er kündigt außerdem an, Brasilien wolle die COP30 im Jahr 2025 ausrichten.
  • Auch die ägyptische COP27-Präsidentschaft kündigt Initiativen zum Schutz der biologischen Vielfalt an, unter anderen die „Nature-based Solutions for Climate Transformation“ (ENACT), mit kollektiven Maßnahmen in den Bereichen Klima, Biodiversität und Wüstenbildung. Ziel sei es, die Finanzierungslücke für umweltbasierte Lösungen zu schließen.
  • Bei einer Veranstaltung der russischen Delegation ergreifen Aktivist*innen das Wort und thematisieren den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.
  • Außenministerin Annalena Baerbock leitet die deutsche Delegation in der Schlussphase der Konferenz. Sie betont, es lohne sich, um jedes Zehntel Grad weniger Erderwärmung zu kämpfen.
  • Belgien, Kolumbien, Deutschland, Irland, Japan, die Niederlande, Norwegen, das Vereinigte Königreich und die USA treten der Global Offshore Wind Alliance (GOWA) bei. Die Allianz wurde auf der COP26 von Dänemark, der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien (IRENA) und dem Global Wind Energy Council (GWEC) gegründet und zielt darauf ab, Regierungen, internationale Organisationen und den privaten Sektor für die Einführung der Offshore-Windenergie zusammenzubringen.

Donnerstag, 17.11.: Themen-Tag Solutions

  • Die ägyptische Konferenzleitung legt den zweiten Entwurf für eine Abschlusserklärung vor. David Ryfisch von Germanwatch befindet, der Entwurf sei weit von einem Ergebnis entfernt, das alle mittragen könnten. „Besorgniserregend ist, dass der Vorschlag an einigen Stellen hinter die Ergebnisse des letztjährigen Weltklimagipfels zurückfällt.“
  • Kritiker*innen bemängeln auch, der zweite Entwurf gehe zu wenig auf das zentrale Thema „Loss and Damage“ ein. Die pakistanische Klimaministerin Sherry Rehman verlangt die feste Einrichtung eines Finanztopfs und die Gründung eines Komitees, das diesen Prozess weiter vorantreibt. Molwyn Joseph, der als Regierungsvertreter von Antigua und Barbuda die Gruppe der kleinen Inselstaaten (AOSIS) vertritt, stellt fest, es müsse ein Fonds zum Ausgleich für Klimaschäden beschlossen werden, alles andere sei „nichts weniger als Betrug“.
  • Die Präsidentschaft startet zwei Initiativen: „Low Carbon Transport for Urban Sustainability“ (LOTUS) soll die Dekarbonisierung der globalen urbanen Mobilität vorantreiben und „Sustainable Urban Resilience for the next generation“ (SURGe) einen Rahmen für die Verwirklichung nachhaltiger und widerstandsfähiger städtischer Systeme schaffen.
  • Über 200 Organisationen, darunter Regierungen, Industrie und Zivilgesellschaft rufen die Koalition „Accelerate to Zero“ (A2Z) ins Leben. Sie setzt sich dafür ein, dass in den führenden Märkten bis 2035 und weltweit bis 2040 alle neu verkauften PKW und Transporter emissionsfrei sind.
  • Die USA starten die „Zero Emission Vehicles Emerging Market Campaign“ (ZEV-EM-C), eine einjährige Kampagne, die die Einführung emissionsfreier Fahrzeuge in Schwellenländern beschleunigen soll. Sie soll den Dialog zwischen Schwellenländern und großen Unternehmen fördern, um private Investitionen zu beschleunigen und ehrgeizige Ziele für die Einführung von ZEV zu erreichen.

Freitag, 18.11.: Abschlusserklärungs-Entwurf wird vorgelegt

  • Die ägyptische Konferenzleitung legt am Morgen den ersten offiziellen Entwurf für eine Abschlusserklärung vor, viele Inhalte müssten jedoch noch verhandelt werden. Speziell bei der Streitfrage, ob unter dem Dach der UN ein Fonds für Ausgleichszahlungen an ärmere Länder eingerichtet wird, ist weiterhin alles offen. Expert*innen äußern die Befürchtung, dass die Beschlüsse sogar hinter der Erklärung von Glasgow zurückbleiben könnten. Außenministerin Annalena Baerbock: Schlimmer als kein Ergebnis sei eines, das den Konsens von Glasgow und von Paris aufweicht, verwässert oder gar zurückdreht.

Samstag, 19.11. und Sonntag, 20.11.: Verlängerung und Abschlusserklärung

  • Die Konferenz wird, wie ihre Vorgängerinnen auch wieder deutlich verlängert: Mehr als 35 Stunden bleiben noch für weitere Verhandlungen.
  • Nach langwierigen Beratungen erfolgt am frühen Sonntagmorgen endlich die Einigung. Die USA und die EU hatten die Einrichtung eines Ausgleichsfonds ursprünglich blockiert, während die Entwicklungsländer zusammen mit China Druck aufbauten.
  • Am Ende einigen sich die fast 200 Staaten auf folgende Inhalte:
    • Ausgleichsfonds zum Ausgleich von Klimaschäden in ärmeren Ländern. Der gemeinsame Geldtopf soll unabwendbare Folgen des Klimawandels abmildern. Zahlungsempfänger sollen Entwicklungsländer sein, die besonders gefährdet sind, aber selbst kaum zum Klimawandel beitragen.
    • Verfahrensschritte hin zu einem neuen Finanzierungsziel für Klimaschutz und -anpassung, das 2024 beschlossen werden soll
    • Bestätigung des schrittweisen Ausstiegs aus der Kohle
    • Aufforderung an alle Staaten, ihre Klimaschutzpläne bis spätestens zur nächsten Klimakonferenz nachzubessern. Die Umsetzung bleibt jedoch freiwillig.
    • Bekräftigung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei, möglichst aber 1,5 Grad verglichen mit dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen
    • Forderung eines Umstiegs auf einen „saubereren Energiemix“ aus Erzeugungstechniken mit geringem Treibhausgasausstoß wie Atomkraft, Erdgas und erneuerbare Energien
    • Unterstützung der Entwicklungsländer bei einer „Just Transition“, dem klimafreundlichen und zugleich sozial verträglichen Umbau ihrer Wirtschaft. Hierfür soll ein Arbeitsprogramm entwickelt werden.
    • Reform der Weltbank und weiterer internationaler Finanzinstitutionen, um sie auf Klimaschutz und -finanzierung auszurichten
  • Fazit: Es ist den Teilnehmenden gelungen, einen Rückschritt hinter die Ergebnisse der Klimakonferenzen von Glasgow und Paris zu verhindern, die folgenden Themen fehlen jedoch in der Abschlusserklärung:
    • Der Ausstieg aus Öl und Gas wird nicht erwähnt, obwohl etliche Staaten das gefordert hatten, darunter Indien, die EU und auch die USA.
    • In dem Beschluss zu „Loss and Damage“ werden weder Summen für den Ausgleichsfonds genannt noch, wer genau einzahlen soll. Darüber hinaus fehlt eine Einigung darüber, wie der Geldtopf beaufsichtigt werden soll. Zur Klärung wurde eine Übergangs-Kommission aus zehn Vertretern der Industriestaaten und 13 der Entwicklungsländer beauftragt. Sie soll Empfehlungen erarbeiten, die dann auf der nächsten UN-Klimakonferenz beraten werden sollen.
    • Neben dem Fonds für Klimaschäden wurde bereits vor Jahren verbindlich vereinbart, dass Industriestaaten arme Länder ab 2020 pro Jahr mit 100 Milliarden US-Dollar unterstützen, um Anpassungsmaßnahmen zu finanzieren. Jedoch wurde bisher nur ein kleiner Teil dieser Zahlungen geleistet. In der Abschlusserklärung fehlt ein klarer Plan, ob und bis wann die offenen Beträge fällig werden bzw. durch höhere Summen auszugleichen sind.
    • Für das von der EU vorgeschlagene Arbeitsprogramm zur schnelleren Minderung von Treibhausgasen wird, statt 2030, zunächst nur ein Zeitrahmen bis 2026 festgelegt.
    • Nicht zu den Inhalten der Erklärung gehört die Forderung der EU, dass der Höchststand der weltweiten Treibhausgasemissionen pro Jahr noch vor 2025 erreicht sein muss.
  • Die nächste Klimakonferenz soll Ende 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfinden.

 

© Headerbild: Ministry of Environment – Rwanda via Flickr (CC BY-ND 2.0)